Rechnungshof-Rohbericht zu riesigen Verlusten bei Veranlagung der NÖ WohnbauförderungsgelderDie GRÜNEN Niederösterreich veröffentlichen den Rohbericht des Österreichischen Rechnungshofes zum Milliardenverlust bei der Spekulation mit Wohnbauförderungsgeldern des Landes Niederösterreich.

 

Der Rechnungshof kritisiert darin zahlreiche Versäumnisse und Fehlentscheidungen, die sich in ähnlicher Form wohl auch in der endgültigen Version des Rechungshofberichts wieder finden werden.

Und sie fordern einen Untersuchungsausschuss und den Rücktritt des zuständigen Landesrates Sobotka. Das gesamte Dokument kann unter der nachfolgenden Adresse downgeloadet werden.

Links

Der Rechnungshof
www.rechnungshof.gv.at

Rechnungshof-Abschlussbericht: "Veranlagung der Erlöse aus der Verwertung der Wohnbauförderungsdarlehen und dem Verkauf der Beteiligungen"
www.landtag-noe.at/service/politik/landtag/LVXVII/05/599/599B.pdf

Die Grünen Niederösterreich - Rechnungshof-Rohbericht
http://niederoesterreich.gruene.at/fileadmin/niederoesterreich/Benutzerinnen/downloads/RH_Pruefergebnis.pdf
http://niederoesterreich.gruene.at/aus_dem_landtag/artikel/lesen/61546/

Land Niederösterreich - Förderungen
www.noe.gv.at/Foerderungen/Foerderungen.html

Der Standard: Milliardenverlust in Niederösterreich
derstandard.at/1271375304542/Rechnungshof-Milliardenverlust-in-Niederoesterreich

Bildnachweis: (c) pixelio.de


Kurzfassung des Rechnungshofberichts

GZ 003.505/002-S4-4/09
Überprüfung des Landes Niederösterreich hinsichtlich des Veranlagungsmanagements der Erlöse aus der Verwertung der WBF-Darlehen (d.s. Wohnbauförderungs-Darlehen) und dem Verkauf der Beteiligungen des Landes an die NÖ. Landesbeteiligungsholding GmbH

Die Performance der für das Land Niederösterreich veranlagten Gelder unterschritt den in den Genussrechten festgelegten Auszahlungsbedarf für das Land im Zeitraum 2002 bis 2008 um knapp eine Mrd. EUR. Der Veranlagungsgesellschaft gelang es damit nicht, die vertraglich vereinbarten Mindestauszahlungen rein aus den wirtschaftlichen Erträgen zu leisten.

Die Veranlagungsrendite der Spezialinvestitionsfonds lag mit einer Ausnahme deutlich unter den Renditen laufzeitgleicher Veranlagungen von österreichischen Pensionskassen; die Renditeabstände zur Performance-Benchmark betrugen bis zu 2,46 Prozentpunkte.

Der Anteil von 38 % an Alternativen Investments im Veranlagungsportfolio war als hoch einzustufen und veränderte die Risikostruktur der Veranlagungen des Landes.

KURZFASSUNG

Prüfungsziel

Ziel der Überprüfung war die Beurteilung der Organisation des Veranlagungsmanagements der Erlöse aus der Verwertung der WBF-Darlehen und dem Verkauf von Landesbeteiligungen sowie der Strategie, der Performance und des Risikogehalts der Veranlagungen des Landes. Weiters sollte die Umsetzung der Empfehlungen des RH aus den zwei Vorberichten Reihe NÖ 2006/2 und 2008/8 beurteilt werden. (TZ 1)

Zielvorgaben des NÖ Landtages

Der NÖ Landtag regelte - auf der Grundlage von beschlossenen Antragsvorlagen der Landesregierung - in drei Beschlüssen die Verwertung von Wohnbauförderungsdarlehen (1. und 2. Tranche) und den Verkauf von Beteiligungen des Landes Niederösterreich. Die Verwertungs- und Verkaufserlöse des Landes flossen der Land Niederösterreich Vermögensverwaltung GmbH & Co OG (Vermögensverwaltung OG) im Wege der Zeichnung obligationenähnlicher Genussrechte zu. Diese veranlagte die Mittel in Spezialinvestmentfonds (NÖ I bis IV) im Rahmen eines aktiv verwalteten Portfolios. Alternative Überlegungen zum möglichen Einsatz der erzielten Erlöse bspw. hinsichtlich der teilweisen Tilgung der Finanzschulden waren in den Entscheidungsgrundlagen nicht dokumentiert. (TZ 3, 10)

Die Landtagsbeschlüsse verfolgten das Hauptziel, einen wirtschaftlichen Zusatznutzen für das Land zu erzielen, wobei un- bzw. niedrig verzinstes Vermögen in höher verzinstes Vermögen umgewandelt werden sollte. (TZ 4)

Gegenüber den ursprünglichen Darlehensrückflüssen werden sich positive Ennahmeneffekte für das Land erst ergeben, wenn die erzielten Nettorenditen über dem bei der Ermittlung des Barwerts im Verwertungsprozess angewandten Abzinsungssatz von 4,7 % bzw. 4,6 % lieben. (TZ 6)

Strategische Vorgaben

Während für den Fonds NÖ I noch keine konkrete Zielrendite bestand, sollte mit langfristig angelegten Veranlagungen der Fonds NÖ II bis IV eine Zielrendite von 4,7 % bis 5 % erwirtschaftet werden. Laut der im Dezember 2004 beschlossenen Veranlagungsstrategie sollte langfristig eine Rendite von etwa 5 % erreicht werden, wobei mittelfristig (fünf Jahre) unter Hinzurechnung der Ausschüttung Kapitalerhalt anzustreben sei. Damit waren auch Ausschüttungen zulasten des veranlagten Kapitals möglich. (TZ 4)

Das Land überließ die Veranlagungsstrategie überwiegend einem internationalen Investmentbanker. (TZ 10) Bei der Anlagestrategie dominierte das Prinzip der Ertragsmaximierung, die Risikopotenziale der Veranlagung wurden zu wenig beachtet. (TZ 4)

Die Landesregierung bzw. das für Finanzangelegenheiten ressortzuständige Regierungsmitglied nahmen die ihnen im Rahmen der Verwaltungsbefugnis für das Landesvermögen zugewiesenen Kompetenzen für Präzisierungen der strategischen Vorgaben nicht aktiv in Anspruch. (TZ 5)

Asset Management

Der gewählte Multi-Manager-Ansatz unter Heranziehen eines externen Beraters war grundsätzlich als professionell einzustufen und half, durch Risikostreuung eine Risikokonzentration aufgrund Fehlleistungen einzelner Manager zu vermeiden. (TZ 17)

Im ersten Halbjahr reduzierte die für das gesamte Veranlagungsmanagement verantwortliche Land Niederösterreich Finanz- und Beteiligungsmanagement GmbH (FIBEG) die Anzahl der Asset Manager deutlich. Dadurch trat eine übermäßige Konzentration von Mandanten bei einem einzigen Manager auf. (TZ 17, 25).
Ein Fonds aus dem Veranlagungsportfolio der Vermögensverwaltung OG verrechnete zu hohe Management Fees und refundierte die zu viel verrechneten Beträge in Höhe von 1.15 Mill. EUR außerhalb des Rechnungskreises der Vermögensverwaltung OG an die FIBEG-Tochtergesellschaft Hypo Capital Management AG. Diese Vorgangsweise stellte eine Abweichung von branchenweiten Good-Governance-Standards dar. Letztlich wurden dadurch einerseits Intransparenzen geschaffen und andererseits die Performance der jeweiligen Fonds bei der Vermögensverwaltung OG zu Unrecht verringert. (TZ 18)

Die im Zusammenhang mit dem Asset Management beauftragten Anwaltsleistungen wurden ohne Einhaltung von Wettbewerbskriterien vergeben. (TZ 19)

Asset-Mix

Mit dem gewählten Asset-Mix von 60 % Anleihen und 40 % Aktien nahm das Land Niederösterreich eine Volatilität von 8,1 % in Kauf. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 % gerechnet bedeutete das, dass damit statistisch gesehen ein maximaler Jahresverlust von 15,8 % des veranlagten Vermögens eintreten konnte. Ein diesbezüglicher Hinweis fehlte jedoch in den Grundsatzbeschlüssen der Landesregierung als auch des Landtages. (TZ 20)

Mit der ab Mitte 2003 geänderten Strategie des sukzessiven Erwerbs von Alternativen Investments veränderte sich systematsich auch die gesamte Risikostruktur der Veranlagungen. Damit entfernte sich die FIBEG weit von der ursprünglich den Beschlüssen der Landesregierung und des Landtages zugrunde liegenden Veranlagungsstrategie, ohne jedoch die Entscheidungsorgane des Landes davon in Kenntnis zu setzen. (TZ 22)

Alternative Investments

Die von der Vermögenswerwaltung OG erworbenen Alternativen Investments wurden großteils unter der Assetklasse Anleihen und nicht als eigene Assetklasse geführt. Aufgrund ihrer speziellen Eigenschaften können sich solche Alternativen Investments insbesondere in Krisenzeiten deutlich vom Verhalten von Anleihen bzw. Aktien unterscheiden und überdies oftmals nur noch schwer handelbar bzw. unverkäuflich sein. (TZ 21)

Der im September 2005 vom Aufsichtsrat der FIBEG genehmigte und Ende 2006 bereits erreichte Anteil von 38 % an Alternativen Investments war für ein Veranlagungsportfolio der öffentlichen Hand als hoch einzustufen. Kritisch war dabei besonders die Tatsache zu werten, dass mit Hedgefonds und strukturierten Produkten teilweise Instrumente zum Kauf standen, die als Finanzinnovationen erst seit wenigen Jahren am Markt waren und deren Verhalten im Krisenfall somit noch nicht ausreichend bekannt war. (TZ 22)

Das Risiko aus den bei der Vermögensverwaltung OG verbliebenen, schwer bewertbaren und wenig liquiden Alternativen Investments von 793,57 Mill. EUR mit Ende 2008 wird stark von der zukünftigen, wirtschaftlichen Entwicklung abhängen. Sollte sich die weltweite wirtschaftliche Entwicklung im Laufe des Jahres 2010 wieder langsam verbessern, würde nach Angaben der FIBEG ein Stress-Szenario mit einem maximal möglichen, zusätzlichen Verlust von rd. 40 Mill. EUR gelten. Bei ungünstigeren, wirtschaftlichen Rahmenbedingungen könnten sich die maximal zu erwartenden Verluste jedoch deutlich erhöhen. (TZ 24)

Maßnahmen in Krisensituationen

Die FIBEG verfügte - gerade vor dem Hintergrund der sich ab Mitte 2007 beständig ausweitenden Finanzkrise - über keinen Notfallplan zur schnellen Reaktion auf gefährliche Marktentwicklungen. (TZ 20)

Vom Ausbruch der aktuten weltweiten Liquiditätskrise am 15. September 2008 (Konkurs von Lehmann Brothers) bis zum Ergreifen erster Maßnahmen am 24. September 2008 vergingen mehr als eine Woche. Die Reaktionszeit der FIBEG bis zu Absicherung von Aktien über Leerverkäufe war mit rund drei Wochen nochmals deutlich länger. Einzelne Verkaufsaufträge konnten sogar erst Mitte Dezember 2008 abgegeben werden. Nimmt man vorsichtig nur 5 % an durchschnittlichen Kursverlusten über den gesamten Reaktionszeitraum der FIBEG an, so ergaben sich durch die verspätete Reaktion rd. 50 Mill. EUR an wirtschaftlichem Nachteil. (TZ 23)

Genussrechte

Die Vermögensverwaltung OG veranlagte das aus der Zeichnung der Genussrechte aufgebrachte Kapital in Höhe von 4.387,30 Mill. EUR in elf inländische, ausschüttende Spezialinvestmentfonds sowie in sonstiges Kapitalvermögen. (TZ 13)

Die Genussrechte gewährten dem Land das Recht auf Anteile am vom jeweils zugeordneten Spezialfonds erzielten laufenden Gewinn, vermindert um einen Verwaltungskostenanteil. Dem Land stand überdies für jedes Geschäftsjahr eine Mindestauszahlung auf das von ihm eingebrachte Nominale zu. Die rechtliche Konstruktion der Veranlagung ermöglichte es, dass die Erträge für das Landesbudget trotz Schwankunen der Ertragssituation in einzelnen Fonds bzw. auch bei ungünstiger Entwicklung der Performance der Veranlagungen gesichert waren. Allerdings führten Vorgriffe auf zukünftige Erträge bzw. Ausschüttungen aus der Substanz der Fonds zu einem Absinken des Fondsvermögens. Als Folge davon könnten eingetretene Wertverluste nur duch ertrags- und damit risikoreichere Veranlagungen des verringerten Vermögens aufgeholt werden. (TZ 13)

Zwischen den in den Genussrechtsverträgen geregelten Mindestauszahlungen an das Land und den Zielrenditen in den Beschlüssen der Landesregierung und des Landtages traten Diskrepanzen zutage. (TZ 13)

Veranlagungsergebnisse

Die Auszahlungen an das Land im Zeitraum 2002 bis 2008 (862,07 Mill. EUR) übertrafen die Gesamterträge der Fonds NÖ I bis IV (487,01 Mill. EUR) um 375,06 Mill. EUR. Dies war vor allem auf die hohen Überhänge bei den Auszahlungen in den Jahren 2002 bis 2004 und 2008 zurückzuführen. Die Auszahlungen erfolgten daher zum beträchtlichen Teil aus der Substanz und nicht aufgrund ausreichend erwirtschafteter Fondserträge. Die Auszahlungen an das Land überstiegen auch die verträglich geregelten Mindestauszahlungen (802,67 Mill. EUR), und zwar um 59,40 Mill. EUR (TZ 14)

Performance

Während die durchschnittlichen Performance der Fonds NÖ I (0,9 %) und II (1,51 %) positiv war, wiesen die Fonds NÖ III (-1,28 %) und IV (-5,35 %) über den gesamten Zeitraum gerechnet eine negative Rendite auf. (TZ 16)

Die Veranlagungsrendite der einzelnen NÖ-Fonds lag mit einer Ausnahme deutlich unter den Renditen laufzeitgleicher Veranlagungen von überbetrieblichen Pensionskassen und betrieblichen Pensionskassen in Österreich. Die Renditeabstände gegenüber der Performance-Benchmark betrugen zwischen 0,96 Prozentpunkte und 2,46 Prozentpunkte. (TZ 16)

Die angestrebte langfristige Zielrendite von 5 % p.a. verfehlten alle vier NÖ-Fonds deutlich. Zudem konnten die Fonds NÖ III und IV zum Ende 2008 selbst unter Hinzurechnung der Ausschüttungen das strategische Ziel des Kapitalerhalts nicht erreichen. (TZ 16)

Veranlagungsbestimmungen

Der NÖ Landtag beschloss im Juli 2009 Veranlagungsbestimmungen und Veranlagungsgrundsätze für das der Vermögensverwaltung übertragene Vermögen. Allerdings fehlten wichtige Aspekte eines effizienten Veranlagungsmanagements bzw. waren einige Limits zu großzügig bemessen. Auch mangelte es weiterhin an klaren Regelungen für die Risikobegrenzung in Form von Limits vor allem für die Absicherung gegen Substanzverluste. (TZ 7)
Laut den von der Arbeitsgruppe "Finanzmanagement des Bundes" veröffentlichten Leitlinien zu Veranlagungsgeschäften hat die Risikominimierung prioritär vor allfälligen Ertragszielen zu stehen und sind insbesondere Substanzwert- und Aktienrisikopositionen sowie Rohstoffrisiken grundsätzlich zu vermeiden. (TZ 9)

Berichtswesen

Bis Mitte 2009 war grundsätzlich keine standardisierte und institutionalisierte Berichterstattung der FIBEG an die Landesregierung und an den Landtag vorgesehen. Vielmehr dominierten informelle Informationswege. Dadurch war auch die bei Fehlentwicklungen der Performance, bei dramatisch veränderten Kapitalmarktbedingungen und bei schlagend gewordenen Risiken erforderliche politische Willensbildung zur allfälligen Korrektur von Zielvorgaben erschwert. (TZ 17)

Die erwähnten neuen Veranlagungsgrundsätze sahen eine wesentlich intensivere Berichtstätigkeit der Landesregierung an den Landtag vor. Diese Vorgabe stand auch mit den Vorstellungen der Europäischen Kommission hinsichtlich der Erhöhung der Transparenz und der Erweiterung der Offenlegungspflichten bei Veranlagungen von staatlichen Finanzmitteln in Staatsfonds in Einklang. (TZ 7, 8)

Organisation

Die gesellschaftsrechtlichen Entwicklungen seit 2002 waren davon geprägt, viele operative Veranlagungsgeschäfte im Einflussbereich des Landes Niederösterreich bzw. der FIBEG anzusiedeln. Durch personelle und organisatorische Verflechtungen und sonstige Abhängigkeiten war eine klare Gewaltentrennung zwischen dem Management und der Durchführung der Veranlagungsgeschäfte nicht mehr durchgängig gegeben; dies widersprach den "Good Governance"-Vorstellungen. (TZ 26)

Umsetzung von Empfehlungen

Von fünf Empfehlungen des RH aus den beiden Vorberichten zum Veranlagungsmanagement wurden vier überwiegend und eine Empfehlung nicht umgesetzt. (TZ 27)


 

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