Gewerbliche und gemeinnützige Bauträger gründen gemeinsame "Plattform Wohnungsbau" und erstellen Forderungskatalog an Gesetzgeber.
Hohe Anforderungen an Barrierefreiheit und teilweise unnötige Normen für Qualitätsanforderungen würden vermeidbare Kosten verursachen.
Mehr Wohnungsbau sei auch mit Blick auf zusätzlichen Wohnraum für zuziehende Flüchtlinge notwendig.
Innerhalb von fünf Jahren stiegen Baukosten um ein Drittel
Die Plattform Wohnungsbau stellt fest, die Baukosten seien in den letzten fünf Jahren um ein Drittel gestiegen und hat in einem Positionspapier die Kostentreiber und Lösungsvorschläge aufgelistet.
Ihr erster Befund: Vor allem die Grundkosten seien in den Ballungsräumen und in Westösterreich zuletzt stark nach oben gegangen, wodurch leistbares Wohnen immer schwieriger zu sichern sei.
Wie die stark steigenden Grundkosten durch mehr und schnelleren Wohnungsbau gedämpft werden sollen, erklärt die Plattform allerdings nicht. Immerhin würde durch diese zentrale Forderung noch mehr und noch schneller Baugrund benötigt. Mit steigender Nachfrage nach dem knappen Gut Baugrund steigen üblicherweise auch die Preise für dieses knappe Gut. Die Folge: Baugrundstücke werden noch schneller teurer.
Nachvollziehbarer erscheinen die zweite Gruppe von identifizierten Kostentreibern und die Lösungsvorschläge dazu:
Überbordende bautechnische Auflagen und Normen, Bauordnungen, energetische Vorschriften und qualitätssichernde bzw. qualitätserhöhende Maßnahmen durch Bund, Länder, Gemeinden und normgebende Organisationen.
Alleine erhöhte Anforderungen des Normenwesens hätten die Baukosten in den vergangenen zehn Jahren um 46 Prozent pro Quadratmeter Nutzfläche erhöht, sagte Karl Wurm, Obmann des Verbandes gemeinnütziger Bauvereinigungen GBV.
Mehr-Klassen-Wohnen über die Hintertür?
Dass energiesparende Gebäude in der Errichtung teurer sind als schlechter gedämmte, erscheint auf den ersten Blick einleuchtend. Die Plattform Wohnungsbau möchte daher zum billigeren energetischen Standard nach der Wohnbauförderung 2010 zurückkehren.
Was würde das für die BewohnerInnen solcher schlechter gedämmter Bauten bedeuten?
Die Miete bzw. der Kaufpreis für solche Immobilien wäre wohl vorerst etwas niedriger als bei besser gedämmten. Gebäude haben aber eine Lebensdauer von mehreren Jahrzehnten und praktisch die ganze Fachwelt ist sich einig, dass die Energiepreise nicht solange auf dem aktuell niedrigen Niveau bleiben werden.
Die BewohnerInnen dieser weniger gut gedämmten Gebäude müssten daher auf längere Sicht mit höheren Energiekosten rechnen: Die Betriebskosten würden mit steigenden Energiepreisen in der Zukunft gerade für jene Bevölkerungsteile stärker ansteigen, die sich höherwertig gedämmten Wohnraum nicht leisten können.
Noch mehr Haushalte müssten auf Dauer Beihilfen zur Bestreitung ihrer Wohnkosten bekommen, die soziale Schere ginge noch weiter auf.
Klimawandel und volkswirtschaftliche Betrachtung der Energieaufbringung
Der fortschreitende Klimawandel und knapper werdende fossile Energieträger beeinflußen massiv unsere Energiezukunft! Alle Volkswirtschaften müssen zwingend von fossilen Energieträgern auf erneuerbare Energien umsteigen, weil die Folgen und die Folgekosten des von uns Menschen verursachten Klimawandels sonst nicht mehr beherrschbar sind.
Wegen dieser Erkenntnis starten immer mehr Länder mit konkreten Maßnahmen zur Energiewende. Solche notwendigen Schritte und die Begründung dafür finden wir beispielsweise in der Klima- und Energiestrategie SALZBURG 2050 oder im Faktencheck Energiewende des Klima- und Energiefonds.
Energiewende jetzt
Energiewende bedeutet neben anderen Maßnahmen Umstieg von fossiler Mobilität auf E-Mobilität und für den großen Bereich der Raumwärme: Weg von fossilen Energieträgen hin zu Biomasse und Solarthermie mit Bauteilaktivierung – Speicherung von Sonnenenergie und anderen erneuerbaren Energien.
Energiewende bedeutet aber auch zunehmende Verwendung von Wärmepumpen für die Raumheizung: Wärmepumpen brauchen Strom für ihren Betrieb.
Diese und weitere Veränderungen bewirken bei insgesamt (hoffentlich) nicht steigendem Gesamtenergieverbrauch eine Abnahme von fossil erzeugter Energie aber eine Zunahme des Stromverbrauchs.
Insgesamt kann die zwingend notwendige Energiewende nur funktionieren, wenn Gebäude bestmöglich gedämmt sind und daher insgesamt weniger Energie verbrauchen. Mit schlechterer Gebäudedämmung kurzfristig billiger zu bauen, wird auf Dauer nicht leistbar sein – für die BewohnerInnen nicht und für unsere Volkswirtschaften nicht!
Wie könnten Lösungen aussehen?
Als energetische Mindestanforderung müssen Gebäude so gebaut werden, dass sie im Jahreszyklus nicht mehr Energie verbrauchen, als sie selbst erzeugen können.
Diese Aussage gilt aktuell jedenfalls für den Wohnungsneubau. Aber auch der Wohnungsbestand muss energetisch soweit ertüchtigt werden, dass der Primärenergiebedarf für die Raumwärme dramatisch sinkt.
Allfällige Mehrkosten für die zeitgemäße und zukunftssichere energetische Ausführung von Neubauwohnungen sollten durch die Wohnbauförderung abgedeckt werden. Das wäre gleichzeitig eine Investition zur Vermeidung von andernfalls zukünftig notwendig werdenden Wohnbeihilfen.
Um die Mehrkosten mit den vorhandenen Mitteln der Wohnbauförderung abzudecken, könnten die Einkommensgrenzen für den Anspruch auf Wohnbauförderung gesenkt werden. Damit bliebe auch die soziale Treffsicherheit erhalten.
Weitere Kostentreiber im Wohnungsbau
Weitere Möglichkeiten für Vereinfachungen sieht die Plattform Wohnungsbau bei der Barrierefreiheit, bei Brandschutz und Schallschutz und bei den Stellplatzverordnungen der Länder und Gemeinden.
Neben der Mobilisierung von bebaubaren Grundstücken ist die Nachverdichtung im Wohnungsbestand eine weitere Möglichkeit, leistbares Wohnen über ein ausreichendes Angebot an Wohnfläche zu sichern. Dazu braucht es auch einfachere Verfahren zum Ausbau von Dachböden und sonstigen Überbauungen.
Welches Interesse hat die Wirtschaft an der Senkung der Wohnungskosten?
Warum die Wirtschaft großes Interesse daran hat, dass Wohnen leistbar bleibt, erklärt Georg Bursik, Vorsitzender des Forschungsverbandes der österreichischen Baustoffindustrie: „Wenn mehr als ein Drittel des Haushaltseinkommens fürs Wohnen aufgewendet werden muss, wird der Wirtschaft Kaufkraft entzogen. Nicht zuletzt deshalb muss Wohnen leistbar bleiben.“
Links
- Plattform Wohnungsbau: Mehr Wohnraum durch kostengünstigeres Bauen, GBV, 26.11.2015
- Positionspapier der Plattform Wohnungsbau, GBV, 25.11.2015, download pdf
- VBÖ – Verband der Baustoffhändler Österreich, Website
- F.B.I – Forschungsverband der österreichischen Baustoffindustrie, Website
- WKO - Fachgruppe Wien der Immobilien- und Vermögenstreuhänder, Website
- GBV – Österreichischer Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen, Website
- Faktencheck Energiewende, Klima- und Energiefonds, Website
- Faktencheck Energiewende, Klima- und Energiefonds, download pdf
- Klima- und Energiestrategie SALZBURG 2050, Website
- Barrierefreies Bauen, Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz, Website
- UN-Behindertenrechtskonvention, Website
- OIB-Richtlinie 4 - Nutzungssicherheit und Barrierefreiheit, Website
- Österreichischer Brandschutzkatalog, Website
- OIB-Richtlinie 2 – Brandschutz, Website
- OIB-Richtlinie 5 – Schallschutz, Österreichisches Institut für Bautechnik, Website
- Stellplatzverpflichtung verteuert Wohnbau, VCÖ, 10.10.2013
- Nein zu Sozialbunkern! Ja zu leistbarem Wohnen mit Mindestkomfort, Passivhaus Austria, 14.7.2014
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